5.2 Gesetz von den konstanten Massenverhältnissen

In Kapitel 5.1 wurde gezeigt, dass die Masse bei chemischen Vorgängen konstant bleibt. Die Masse der Edukte ist gleich der Masse der Produkte.
Wie verhalten sich nun aber die Massen der einzelnen Edukte untereinander? Um diese Frage zu beantworten, muss man Versuche ausführen, in denen man die Proportionen der verschiedenen Edukte ändert.
Zuerst wird dieser Frage für Feststoffe oder Flüssigkeiten nachgegangen:
5.2.1 Feststoffe oder Flüssigkeiten

Danach werden die Massenverhältnisse für Gase untersucht:
5.2.2 Gase


5.2.1 Feststoffe oder Flüssigkeiten

Versuch 1:
Ausführung:
In ein Reagenzglas, welches ungefähr einen Zentimeter hoch mit Schwefelpulver gefüllt ist, gibt man ein 5 cm * 1 cm breites Stück Kupferblech. Dann wird das Reagenzglas über der Flamme eines Bunsenbrenners erhitzt. Wenn das Kupferblech zu glühen anfängt, wird das Reagenzglas aus der Flamme genommen und man lässt abkühlen.

Beobachtungen:
Wenn man das Reagenzglas erhitzt, dann beginnt der Schwefel zu schmelzen, und man erhält eine dunkelbraune Flüssigkeit. Es bilden sich Gase, die über das Kupferblech streichen. Auch nachdem man das Reagenzglas aus der Flamme genommen hat, glüht das Kupferblech vollständig durch. Gleichzeitig kann man einen stechenden Geruch wahrnehmen.
Nach der Reaktion hat sich das Kupferblech in einen schwarzen Feststoff verwandelt, man kann kein elementares Kupfer mehr ausmachen. Unten im Reagenzglas befindet sich ein braun-gelber Feststoff.
Erklärungen:
Wenn eine genügend hohe Temperatur erreicht ist, dann verläuft die Reaktion von allein. Dabei gehen die beiden Elemente Kupfer und Schwefel eine Verbindung ein, man erhält den schwarzen Feststoff Kupfersulfid.
Das Kupferblech kann nur mit einer bestimmten Menge Schwefel reagieren. Bei diesem Versuch war Schwefel im Überfluss vorhanden, man findet auch nach der Reaktion noch überschüssigen Schwefel, die Kupferportion jedoch hat vollständig reagiert.
Der stechende Geruch stammt von einer Nebenreaktion: ein geringer Teil des Schwefels verbindet sich mit dem Luftsauerstoff zu Schwefeldioxid, ein farbloses, stechend riechendes Gas.

Versuch 2:
Ausführung:
In ein Reagenzglas, welches eine geringe Menge Schwefelpulver enthält, gibt man ein 5 cm * 1 cm breites Stück Kupferblech. Dann wird das Reagenzglas über der Flamme eines Bunsenbrenners erhitzt. Wenn das Kupferblech zu glühen anfängt, wird das Reagenzglas aus der Flamme genommen und man lässt abkühlen.

Beobachtungen:
Wenn man das Reagenzglas erhitzt, dann beginnt der Schwefel zu schmelzen, und man erhält eine dunkelbraune Flüssigkeit. Es bilden sich Gase, die über das Kupferblech streichen. Nachdem man das Reagenzglas aus der Flamme genommen hat, glüht das Kupferblech teilweise durch.
Nach der Reaktion hat sich das Kupferblech teilweise in einen schwarzen Feststoff verwandelt, man kann aber noch sehr gut elementares Kupfer ausmachen. Der Schwefel wurde vollständig aufgebraucht.
Erklärungen:
Das Kupferblech benötigt eine minimale Menge Schwefel, um vollständig zu reagieren. Bei diesem Versuch war jedoch nicht genügend Schwefel vorhanden, man findet auch nach der Reaktion noch unreagiertes Kupfer, die Schwefelportion jedoch hat vollständig reagiert.

Versuch 3:
Ausführung:
Man wiederholt Versuch 1 mit verschiedenen Massen an Kupfer (0,5 g, 1,0 g, 1,5 g, 2,0 g) und jeweils einem Überschuss an Schwefel. Bei jedem Versuch wird jedoch das schwarze Kupfersulfid aus dem Reagenzglas genommen und in einem sauberen Reagenzglas kurz ein zweites Mal erhitzt, um Reste von Schwefel zu verdampfen. Dann wird das erhaltene, abgekühlte Kupfersulfid genau abgewogen.
Man erhält folgende Tabelle:

Masse Kupfer in g
m(Cu)

Masse Kupfersulfid in g
m(Kupfersulfid)

Masse Schwefel in g
m(S) berechnet

Massenverhältnis
m(Cu)/m(S)

0,49

0,62

0,62 - 0,49 = 0,13

0,49/0,13 = 3,77

1,02

1,27

1,27 - 1,02 = 0,25

1,02/0,25 = 4,08

1,45

1,82

1,82 - 1,45 = 0,37

1,45/0,37 = 3,92

2,15

2,69

2,69 - 2,15 = 0,54

2,15/0,54 = 3,98


Das Gesetz von der Erhaltung der Masse besagt:

Masse(Ausgangsstoffe) = Masse(Endstoffe)     (1)

In diesem Fall:

Masse(Ausgangsstoffe) = m(Cu) + m(S)

Für die Endstoffe findet man:

Masse(Endstoff) = m(Kupfersulfid)

In (1):

m(Cu) + m(S) = m(Kupfersulfid)

Da m(Cu) und m(Kupfersulfid) bekannt sind, kann man m(S) durch Substraktion berechnen:

m(S) = m(Kupfersulfid) - m(Cu)

Aus der Tabelle kann man ersehen, dass das Massenverhältnis m(Cu)/m(S) praktisch konstant bleibt (kleine Abweichungen durch experimentelle Ungenauigkeiten sind normal). Berechnet man den Mittelwert des Massenverhältnisses m(Cu)/m(S), dann findet man:

m(Cu)    3,77 + 4,08 + 3,92 + 3,98
----- = --------------------------- = 3,94
m(S)                4

Folglich lautet das Massenverhältnis im Kupfersulfid und damit auch das optimale Massenverhältnis der Edukte Kupfer und Schwefel: m(Cu)/m(S) = 3,94.

Auch für andere Reaktionen kann man die Massenverhältnisse experimentell ermitteln. Einige Beispiele:

Verbindung Massenverhältnis
Magnesiumoxid m(Mg)/m(O) = 1,52
Silberoxid m(Ag)/m(O) = 13,49
gelbes Bleioxid m(Pb)/m(O) = 12,95
schwarzes Bleioxid m(Pb)/m(O) = 6,475
rotes Bleioxid m(Pb)/m(O) = 9,71
schwarzes Kupferoxid m(Cu)/m(O) = 3,97
rotes Kupferoxid m(Cu)/m(O) = 7,94



Da man die Masse von Flüssigkeiten genau so leicht wie für Feststoffe bestimmen kann, findet man auch dort, dass Massenverhältnisse in den Verbindungen konstant sind. Für Gase jedoch ist es viel leichter, das Volumen exakt zu bestimmen.

5.2.2 Gase

Für Feststoffe und Flüssigkeiten kann man die Masse sehr leicht mithilfe einer Waage bestimmen. Für Gase jedoch ist das Volumen die am leichtesten zu bestimmende Größe. Um zu untersuchen, ob auch bei der Reaktion von Gasen ein konstantes Massenverhältnis vorliegt, bedient man sich deshalb dieser Größe. Kennt man das Volumen V eines Gases, so lässt sich die Masse m sehr leicht bestimmen, wenn man die Dichte rho kennt:

m = V * rho   m: Masse (in Gramm, g)
              V: Volumen (in Liter, l)
              rho: Dichte (in Gramm/Liter, g/l)

Die Dichte rho ist eine charakteristische Eigenschaft eines Stoffes.

Versuch: Knallgasreaktion
Ausführung:
Da die chemische Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff explosiv verläuft, wird sie in einem besonders dafür gebauten Apparat, dem Eudiometer, untersucht. Das Eudiometer besteht aus einem dickwandigen Glaszylinder, in den man Gasgemische einführen kann. Ein elektrischer Funke erlaubt die Zündung des Gemisches.

Bei der Reaktion von Sauerstoff und Wasserstoff entsteht flüssiges Wasser. Das Volumen, welches dieses Wasser einnimmt, ist unbedeutend im Vergleich zum Volumen, welches von den Gasen eingenommen wird. Nach der Reaktion steigt deshalb dasWasser teilweise im Eudiometer hoch.

 

Vor der Reaktion

Nach der Reaktion

Versuch

Volumen
Sauerstoff

Volumen
Wasserstoff

Volumenverhältnis
Sauerstoff -Wasserstoff

Volumen
Sauerstoff

Volumen
Wasserstoff

A

60 ml

60 ml

60:60 = 1:1

30 ml

0 ml

B

20 ml

60 ml

20:60 = 1:3

0 ml

20 ml

C

30 ml

60 ml

30:60 = 1:2

0 ml

0 ml


Wie aus der Tabelle ersichtlich, liegt eine vollständige Reaktion nur dann vor, wenn das Volumenverhältnis Sauerstoff:Wasserstoff gleich 1:2 ist (Versuch C), denn dann bleiben keine Ausgangsstoffe mehr zurück. Aus diesem Volumenverhältnis kann man auch die Versuche A und B erklären:
Versuch A:
60 ml Wasserstoff können mit maximal 60/2 = 30 ml Sauerstoff reagieren (Volumenverhältnis Sauerstoff:Wasserstoff = 30:60 = 1:2). Nach der Reaktion bleiben also noch 30 ml unreagiertes Sauerstoffgas zurück.
Versuch B:
20 ml Sauerstoff können mit maximal 2*20 = 40 ml Wasserstoff reagieren (Volumenverhältnis Sauerstoff:Wasserstoff = 20:40 = 1:2). Nach der Reaktion bleiben also noch 20 ml unreagiertes Wasserstoffgas zurück.

Aus dem Volumenverhältnis Sauerstoff:Wasserstoff gleich 1:2 kann man nun das Massenverhältnis Sauerstoff:Wasserstoff in der Verbindung Wasser errechnen.
Aus Versuch C:
- für das Wasserstoffgas:

m(Wasserstoff) = Volumen(Wasserstoff) * rho(Wasserstoff)

Volumen(Wasserstoff) = 60 ml = 0,06 l. Rho(Wasserstoff) = 0,0695 g/l. Durch Einsetzen erhält man:

m(Wasserstoff) = 0,06 l * 0,0695 g/l = 0,00417 g

- für das Sauerstoffgas:

m(Sauerstoff) = Volumen(Sauerstoff) * rho(Sauerstoff)

Volumen(Sauerstoff) = 30 ml = 0,03 l. Rho(Sauerstoff) = 1,103 g/l. Durch Einsetzen erhält man:

m(Sauerstoff) = 0,03 l * 1,103 g/l = 0,033 g

- Massenverhältnis Wasserstoff:Sauerstoff = m(Wasserstoff)/m(Sauerstoff) in der Verbindung Wasser:

m(Wasserstoff)    0,00417 
-------------- = --------- = 0.126
m(Sauerstoff)     0,033


Schlussfolgerung:
Das Massenverhältnis der Elemente, aus denen eine Verbindung besteht, ist konstant.
Das Gesetz der konstanten Massenverhältnisse ist gültig für Feststoffe, Flüssigkeiten und Gase.

Welchen praktischen Nutzen kann man nun aber aus diesen Versuchen und Resultaten ziehen? Dalton baute auf diesen Ergebnissen sein Teilchenmodell der Materie auf:
5.3 Deutung der Massengesetze


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