1. Einführung

Chemie ist eine Naturwissenschaft, welche sich mit der Zusammensetzung, den Eigenschaften und der Umwandlung der Materie oder der Stoffe befasst.
Chemie ist eine noch relativ junge Wissenschaft, erst seit Ende des 17. Jahrhunderts begann die systematische Forschung in der Chemie.
Chemie wurde jedoch als Technik schon seit Urzeiten von den Menschen genutzt. Die Evolution des Menschen von der Steinzeit bis in unsere Zeit wurde maßgeblich auch durch den chemischen Fortschritt beeinflusst. Man kann die Geschichte der Chemie in verschiedene Epochen einteilen:


Die Steinzeit

Die wohl erste chemische Reaktion, die den Steinzeitmenschen entscheidende Vorteile gegenüber den anderen Lebewesen gab, war die Nutzung des Feuers. Hierbei handelt es sich um eine chemische Reaktion, weil man aus einem bestimmten Stoff, zum Beispiel Holz, durch Verbrennung ganz verschiedene neue Stoffe erhält: Dämpfe, Gase und einen Rückstand, die Asche.
Die Nutzung des Feuers erlaubte den Menschen ein viel angenehmeres Leben: die wilden Tiere wurden durch das Feuer abgehalten, die Wohntemperatur war nicht mehr so sehr abhängig von der Witterung, die Urmenschen mussten nicht mehr nur rohes Fleisch essen...

Die Bronzezeit

Während der Bronzezeit (ungefähr 2000-900 vor Christus) erwarben die Menschen die Fähigkeit Bronze - eine Legierung aus den Metallen Kupfer und Zinn - herzustellen. Diese Legierung, die härter ist als die Metalle Kupfer und Zinn, konnte zum Bau von Werkzeugen wie Speerspitzen, Nadeln und Schneidegeräten benutzt werden und löste die Steinzeitwerkzeuge, welche aus Stein, Holz und Knochen gewonnen wurden, schnell ab.

Die Eisenzeit

Während der Eisenzeit (Anfang: ungefähr 1500 vor Christus) erlaubte ein weiterer technischer Fortschritt die Gewinnung von Eisen aus Eisenerzen.
Bei dieser chemischen Reaktion spielt die Kohle eine sehr wichtige Rolle. Wenn man Eisenerz in einem Kohlefeuer auf genügend hohe Temperaturen bringt, dann ermöglicht man eine chemische Reaktion zwischen der Kohle und dem Eisenerz, und als Reaktionsprodukt erhält man das Metall Eisen.

Die Zeit der alten griechischen Philosophen

Zur Zeit der alten Griechen (ungefähr 300 vor Christus) machten die griechischen Philosophen sich Gedanken über den Aufbau der Materie. Die griechischen Philosophen erdachten Modelle, mit denen sie den Aufbau der Natur erklären wollten. Diese Philosophen waren aber keine Wissenschaftler im heutigen Sinn, sie stellten vielmehr Behauptungen auf, die theoretisch möglich und logisch waren, sie versuchten aber nicht durch Versuche herauszufinden, ob ihre Behauptungen auch in Wirklichkeit Bestand hätten.
Trotzdem stellten die Griechen eine Anzahl von interessanten Vermutungen an. Unter anderem behauptete Demokrit, dass die Materie aus unsichtbaren winzigen Teilchen, den Atomen, aufgebaut sei.
Zwei weitere sehr bedeutende griechische Philosophen, Platon und Aristoteles schlugen vor, dass alle Materie aus vier Grundbausteinen aufgebaut sei: Wasser, Feuer, Luft und Erde. Diese Grundbausteine wurden durch verschiedenartig aufgebaute winzige Grundformen dargestellt, Würfel, Tetraeder, Octaeder und Polyeder.

Die Zeit der Griechen war die Zeit der Hypothesen, die griechischen Philosophen stellten eine ganze Reihe von Vermutungen an, unternahmen aber nichts, um diese Vermutungen durch Versuche und experimentelle Daten zu erhärten. Nach der Zeit der Griechen musste man mehr als tausend Jahre warten, bis wieder neue Erkenntnisse den Grundstein legten, um die Chemie als eigenständige Wissenschaft entstehen zu lassen.

Die Zeit der Alchemisten

Bis zum frühen Mittelalter änderte sich nicht viel auf dem Gebiet der Chemie. Menschen, die sich in dieser Zeitspanne mit Chemie befassten, nennt man Alchemisten. Um das neunte Jahrhundert waren dies vor allem Araber und Perser. In Europa, welches technologisch weit im Hintertreffen lag, waren die Alchemisten vom 12. bis zum 16. Jahrhundert tätig. Genau wie die alten Griechen waren die Alchemisten keine echten Wissenschaftler, sondern eine Art Magier, welche Wissenschaft mit Spekulation und Wunschdenken vermischten. Die Alchemisten glaubten zum Beispiel folgende Ziele für erreichbar:
- ein universelles Lösungsmittel zu finden
- Krankheiten mithilfe des 'Stein der Weisen' zu heilen und das Leben zu verlängern
- Gold aus einfachen Stoffen herzustellen.
Heutzutage wissen wir, dass diese Ziele nicht erreicht werden können. Um zu verstehen, warum sich die Alchemisten diese heute gänzlich unrealistischen Ziele setzten, muss man sich in die Zeit der Alchemisten zurückversetzen und einmal ihre Arbeitsbedingungen unter die Lupe nehmen.
- Die Alchemisten kannten eine ganze Reihe heute allgemein bekannter Stoffe nicht, zum Beispiel war Sauerstoff den Alchemisten unbekannt.
- Die Alchemisten waren sich noch nicht bewusst, dass bei einer Reaktion die Masse erhalten bleibt, sie besaßen keine geeichten Waagen und konnten deshalb nur ungenaue Angaben über ihre Reaktionsgemische geben.
- Die Alchemisten benutzten keine einheitlichen Namen und Symbole für die neuen Stoffe welche sie herstellten.
Die Berichte, welche die Alchemisten über ihre Arbeit verfassten, kann man eigentlich als eine Art Kochbuch auffassen. Die Alchemisten machten zwar einige interessante Entdeckungen, sie verstanden aber nicht, aus ihren Versuchen allgemein gültige Gesetzte abzuleiten. Als die Menschen dies zustande brachten, entwickelte sich die Chemie zu einer Wissenschaft.

Die Übergangszeit von den Alchemisten zu den Chemikern

Als sich die Zeit der Alchemisten ihrem Ende zuneigte, begannen einige Naturforscher sich wissenschaftlicher Methodik zu bedienen, um die Gesetze der Natur zu ergründen.
Schon im sechzehnten Jahrhundert versuchte Paracelsus, durch Experimente und Beobachtungen neue Wege in der Heilkunst zu gehen. Paracelsus war sehr erfolgreich und führte unter anderem chemische Heilmittel ein.
Agricola beschäftigte sich intensiv mit der Metallurgie und der Mineralogie. Anders als die Alchemisten ging er dabei sehr systematisch vor.
Durch Experimente versuchten diese Forscher, die Gesetze der Natur zu erforschen und zu verstehen.

Chemie als eigenständige Wissenschaft

Die Wissenschaftler versuchten systematisch aus einer großen Anzahl von Versuchen und Beobachtungen, Naturgesetze aufzustellen.
Einige Beispiele:
- Boyle schlägt im 17. Jahrhundert vor, dass man das Verhalten der Gase besser verstehen und erklären kann, wenn man annimmt, dass Gase aus kleinen Teilchen bestehen, die eine Eigenbewegung besitzen.
- Mariotte stellt im 17. Jahrhundert das nach ihm und Boyle benannte Gasgesetz auf.
- Lavoisier führt im 18. Jahrhundert die Waage ins Laboratorium ein. Jetzt wurde es möglich quantitative Beziehungen bei chemischen Reaktionen zu erforschen (Gesetz von der Erhaltung der Masse).
- Dalton stellt Anfang des 19. Jahrhunderts seine Atomhypothese auf, die sich im Nachhinein zur Atomtheorie steigert.
- Wöhler synthetisiert 1828 ein organisches Molekül aus anorganischen Ausgangsstoffen.
Die oben genannten Forscher stellen nur einige der Meilensteine dar, welche die Chemie als eigenständige Wissenschaft etablierten.

Chemie heute

Seit dem 20. Jahrhundert hat die Chemie sich fast explosionsartig ausgeweitet, man unterscheidet heute zwischen allgemeiner Chemie (Kinetik, Thermodynamik, Photochemie, Elektrochemie) anorganischer Chemie, organischer Chemie, angewandter Chemie und einigen Spezialgebieten wie Biochemie, Radiochemie...
- Einige der chemischen Errungenschaften der letzten Jahrzehnte sind die Synthese von komplexen organischen Molekülen wie Vitamine (Vitamin B12), Antibiotika (Penicillin), die Entschlüsselung des DNS-Moleküls, die industrielle Nutzung von Enzymen...
- Ohne moderne Düngemittel und Insektenvertilgungsmittel (Insektizide) wäre die heutige Landwirtschaft undenkbar.
- Die Kontrolle über eine vernünftige Nutzung dieser Chemikalien ist nur möglich durch genaue chemische Analysemethoden.
- Kunststoffe sind aus dem modernen Leben nicht mehr wegzudenken.
Auch in der Zukunft wird die Chemie sicherlich eine große Rolle spielen.
Trotz dieser Erfolge hat die Chemie in den letzten Jahren einen schlechten Namen bekommen. Umweltverschmutzung, Betriebsunfälle in chemischen Fabriken haben die Chemie in einem schlechten Licht erscheinen lassen.
Man sollte sich jedoch bewusst sein, dass die Chemie nur ein Werkzeug in den Händen der Menschen ist. Somit liegt auch die vernünftige Anwendung und Nutzung der Chemie in den Händen der Menschen und damit auch die volle Verantwortung über eine korrekte Nutzung der Chemie.


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