Sagen um Consdorf und Umgebung


Index

Wichtelmännchen
Honicksmännchen
Goldfrächen
Geist von Breitweiler 
Einsiedler von Kalkesbach
Burg Heringen

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aus N.Gredt - Sagenschatz des Luxemburger Landes

Die Wichtelmännchen bei Konsdorf

Auf dem Konsdorfer Bann gibt es einen Ort, den man die »Wichtelhäusercher« nennt. Dort sollen unterirdische Wohnungen gewesen sein, worin die Wichtelmännchen gehaust haben. Nun geschah es eines Tages, daß ein Bauer eben über diesen Wohnungen am Pfluge war. Auf einmal hörte er rufen. "Mama, back mir einen Kuchen!" Der Bauer wiederholte den Ruf. "Back mir einen Kuchen!" und als er die Umkehr gemacht hatte und an dieselbe Stelle kam, fand er dort einen Kuchen auf einem Teller liegen. Als er den Teller aufhob, vernahm er den Ruf. "Dieser Kuchen wird so lange dauern, als kein anderer Mensch etwas davon erfahren wird." Und in der Tat dauerte der Kuchen drei volle Jahre. Sowie ein Stück davon abgeschnitten wurde, war die Stelle wieder ausgefüllt. Leider konnte die geschwätzige Frau Bäuerin in »Grevenhaus« den Mund nicht halten. Sobald sie aber der Frau Gevatterin das Geheimnis verraten hatte, ging der Kuchen rasch zu Ende. ( Lehrer N. Schmit )

Das Honicks ( Honicht )-männchen zu Consdorf

A. Das Honicksmännchen (vom Walde »Honick«), anderwärts auch Schappmännchen genannt, war ein stattlich ausgerüsteter Jägersmann und ritt ein feuriges Roß. Er erschien gewöhnlich an den langen Herbstabenden und schreckte die in tiefen Schlaf versunkenen Pferdehüter durch sein fortwährendes Halli-Hallorufen. Auch war er von einer ganzen Meute Jagdhunde begleitet.
( Lehrer N. Schmit )

B. In dem Walde Honicht bei Konsdorf geht nachts eine riesige Jägergestalt um, der einige Hunde folgen. Näheres weiß man nicht.

Das Goldfrächen bei Consdorf

A. In dem Walde Goldkaul bei Konsdorf geht ein feines, in weiße Kleider eingehülltes Weibchen um. In ihrem Munde trägt sie einen goldenen Schlüssel, vermittelst dessen sie einen großen Schatz versperrt. Sie muß so lang mit diesem Schlüssel im Munde erscheinen, bis eine beherzte Person, die von jeder schweren Schuld frei ist, mit ihrem eigenen Mund ihr den Schlüssel aus dem Munde nimmt. Ihr Erlöser erhält dann alle hinter Schloß und Riegel wohl verwahrten Schätze. Goldfrächen

B. In dem nunmehr verfallenen Schloß, das in uralter Zeit auf Burgkopf bei Konsdorf stand, lebte die verwitwete Burgfrau mit ihrer einzigen Tochter. Diese war gar bösen Gemüts und forderte, noch ehe sie großjährig geworden und weil sie sich vermählern wollte, ihr Erbanteil in klingendem Golde. Durch beständiges Keifen und Lästern brachte sie die Mutter so weit, dab diese die Tochter samt ihrer Kiste voll Gold verfluchte. Der Fluch ging in Erfüllung und das Dorf Konsbrück (ehemaliges, nächst Konsdorf gelegenes Dorf) versank mit der bösen Tochter. Dort haust sie nun und wird von einem Drachen bewacht. Um Mitternacht entsteigt die Schattengestalt der unglücklichen Jungfrau bei Vollmondschein der Goldkaul, schwebt von Baum zu Baum und ruft nach Erlösung. Aber nur wer im Stande der Gnade ist, darf es wagen, den Schlüssel der Kiste aus dem Rachen des Drachen zu reißen und so die Jungfrau zu erlösen.
(J. Engling, Manuskript, 53 )

C. Das Goldfrächen ist ein altes Fräulein von Schloß Heringen im Müllerthal, das von ihrer Mutter in einen Felsen, die sogenannte »Goldkaul«, verwünscht worden ist. Das Goldfrächen trägt glänzende Kleider und ihre silberweißen Haare reichen bis auf die Schenkel. Alle sieben Jahre erscheint sie an einem unbestimmten Tage, um erlöst zu werden. Sie hat eine mit Geld angefüllte Kiste, welche mit einem starken Schloß versehen ist. Auf dieser Kiste lauert eine Schlange mit einem goldenen Schlüssel im Maul. Wenn nun irgendein Sonntagskind diesen Schlüssel mit seinem Mund aus dem Maul der Schlange nimmt, so ist das Goldfrächen erlöst und er führt sie zum Lohn mit allen Reichtümern als Braut heim.
( Lehrer N. Schmit )

Der Geist am Breitweiler Steg

Vor mehr als sechzig Jahren kam am Breitweiler Steg, zwischen Breitweiler und Christnach, ein Geist, der zur Strafe, daß er zu seinen Lebzeiten ein Trunkenbold war und andere zu diesem Laster verleitete, allnächtlich Feuer und Funken sprühend umgehen mußte; dann sauste, brauste, flammte, rannte er wutschnaubend umher und griff die Betrunkenen an, die an dieser Stelle vorbeikamen. Er zerrte sie auf den Steg hin und rang mit ihnen, um sie in den Bach (schwarze Ernz) zu stürzen. Zuweilen geschah es, daß der Geist überwältigt wurde und in den Bach fiel; dann war er plötzlich verschwunden und alles still. Stürzte aber der Wanderer hinunter , dann stieß der Geist ein Hohngelächter aus und klatschte in die Hände. Seitdem der Steg durch eine Brücke ersetzt wurde, ist der Geist verschwunden.
(J. Engling, Luxemburger Land, 1883, Nr. 36)

Schloß Heringen

Schloß Heringen, von dem nur mehr wenige Spuren auf einem der das Müllerthal umgürtenden Felsen vorhanden sind, soll im Besitze von Tempelherren gewesen sein, die weit umher die Gegend durch ihre Streifzüge unsicher machten, die Reisenden überfielen und ausplünderten und das arme Landvolk hart bedrückten. Darüber entrüstet, beschlossen die Herren der benachbarten Burgen, den Raubrittern aufzulauern und sie unschädlich zu machen ; aber trotz aller Bemühungen gelang es ihnen nicht, ihrer habhaft zu werden, Diese waren sämtlich beritten und hatten, um allen Nachstellungen zu entgehen, ihren Pferden die Hufeisen verkehrt aufgeschlagen, so daß, wenn man meinte, die Raubritter seien ausgeritten, diese sich in Sicherheit hinter ihren festen Mauern befanden und aller Angriffe der Feinde spotteten. Eines Tages nahm sich ein Mann aus dem benachbarten Befort, der aus der frischen Hufspur im Sande geschlossen, die Räuber hätten ihre feste Burg verlassen, ein Herz und ging auf Heringen zu. Doch wie er sich demselben näherte, kamen die Räuber plötzlich heraus und wollten ihn umbringen, damit er sie nicht verrate. Auf des Mannes flehentliches Bitten jedoch ließen sie ihn frei unter der Bedingung, daß er sich durch Eidschwur verpflichte, ihr Geheimnis, wodurch sie ihre Feinde über ihre Bewegungen täuschten, nie einem Menschen zu verraten.
Kaum aber war der Mann in Freiheit gesetzt, als er nachsann, auf welche Weise er die Räuber verraten könnte, ohne seinen Schwur zu verletzen. Am darauffolgenden Sonntage stellte er sich, als das Hochamt beendigt war und die Leute die Kirche verließen, vor einen Grabstein neben das Kirchtor und gebärdete sich derart, daß er die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich zog. Dann fing er, gegen den Stein gewendet, laut zu rufen an :
Dir, o Stein, sag ich's allein,
Die Heringer sind heim,
Wenn man meint sie seien ein,
So sind sie aus;
Meint man aber, sie seien aus,
So sind sie ein,
Sie haben ihre Pferde das Hintere vorn beschlagen.*)
Sofort rotteten sich die Bauern mehrerer benachbarten Dörfer zusammen, bewaffneten sich mit Heugabeln, Sensen usw., erstürmten das Schloß in Abwesenheit der Tempelherren, plünderten es und nahmen die heimkehrenden Heringer Herren gefangen, die nun den Lohn fü r ihre langjährigen Räubereien erhielten.

*) Nach H. A. Reuland: Dir 0 Stein, sag ich's allein, / Umsonst sind alle Schlingen, / Glaubt man, die Herren von Heringen / Ritten aus, so reiten sie ein.


Aus dem Sagenschatz der Untersauer von Al. Steinmetz

Der Einsiedler in der Kalkesbach

Geht man vom Einsiedlerborn ungefähr fünfhundert Schritte an der rechten Seite des Tales abwärts, so findet man der Geizenbach gegenüber rechts am Wege die vielbekannte „ Handlay“, eine einsame grünbemooste Felswand, in welcher ganz deutlich der Eindruck einer Hand zu sehen ist. Gegenüber dieser Felswand steht auf der anderen Seite des Tales, dicht am Eingang der Geizenbach und an der Ecke des Junkerbusches, eine Gruppe von elf losgerissenen und einzeln für sich stehenden Felsen, unter denen einer besonders emporragt und vom Volke "Hilay" oder "Rammelay" genannt wird.
Von diesen Orten erzählt man folgende schauerliche Sagen:
In der Kalkesbach lebte einst ein frommer Einsiedler, der früher zu den Gefährten des Raubritters von Heringen gehörte und mit diesem auf Streifzügen den Hirten das Vieh weggenommen, die Reisenden überfallen und Dörfer und Gehöfte geplündert hatte. Nachdem er auf diese Weise so manches Jahr der Schrecken der Umgegend gewesen war, bekehrte er sich; und um von nun an in stiller Einsamkeit Gott allein dienen zu können, entfloh er heimlich von der Heringer Burg und zog sich in das wilde Walddickicht der Kalkesbach zurück. Daselbst erbaute er sich in der Nähe des gepriesenen Einsiedlerbornes eine ärmliche Hütte, die sich an zerklüftete Felswände lehnte, und führte darin, von allen Menschen unbekannt, viele Jahre lang unter Fasten und Beten ein strenges Büßerleben.Der von Heringen aber war sehr aufgebracht über den Flüchtling, der ihn so treulos verlassen hatte, und lebte zugleich in der ständigen Furcht, daß vielleicht alle seine Frevel und Schliche durch denselben enthüllt werden könnten. Deshalb beschloß er, ihn heimlich beiseite zu schaffen und suchte ihn überall heimlich auf, um ihn zu töten oder gefangen zu nehmen.Als er nun eines Tages, auf Raub ausgehend, oben am Junkerbusch vorbeiritt, traf er daselbst den Einsiedler, und wie er dessen angesichtig geworden, sprengte er pfeilschnell auf ihn zu und verfolgte ihn mit dem Schwerte in der Hand. Dem Einsiedler, der nicht bewaffnet war, blieb bei dem Anblick des Schrecklichen weiter nichts übrig als eiligst durchs Gesträuch nach seiner Klause zu flüchten. Er wurde aber von dem Verfolger von dem rechten Pfade abgeschnitten und geriet auf den kahlen Gipfel der Rammelay, welche damals noch mit dem Rande des Berges zusammenhing. Hier ward seine Lage verhängnisvoll; vor sich und zu beiden Seiten gewahrte er hohe, senkrecht abstürzende Felswände, und hinter ihm folgte der Ritter von Heringen mit erhobenem Schwerte; vor sich, neben sich und hinter sich sah er den schrecklichen Tod. In dieser Not kniete er nieder und erhob Arme und Hände flehend gegen Himmel.Und wunderbar, eben in diesem Augenblicke, als der Ritter die Felsenplatte bereits betreten hatte und das Schwert über das Haupt, des bis an den äußersten Rand derselben hingeknieten Einsiedler, hob, da riß sich die Rammelay krachend von dem Rande des Berges los und zerspaltete sich in zwölf Teile. Das Felsstück, auf dem der Einsiedler kniete, ward in Folge der gewaltigen Erschütterung über der Kalkesbach hin bis auf die andere Seite des Tales geschleudert, während die andern elf Teile stehen blieben. Auf dem höchsten derselben befand sich eben, als der Einsiedler hinab zu sinken begann, der Raubritter von Heringen, und da er im Laufe nicht einhalten konnte, stürzte er ihm nach, schlug dabei, indem er sich beim Fallen noch ergreifen wollte, mit dem eisernen Handschuh seine fünf Finger in jenes Felsstück ein und sank darauf mit zerschmetterten Gliedern unten am Fuße der Rammelay nieder. Der Einsiedler aber war indessen auf der andern Seite des Kalkesbaches so glücklich niedergesetzt worden, daß er ganz unversehrt geblieben war und sofort heim nach seiner Klause gehen konnte.Noch jetzt ist die hinterlassene Spur der eingedrückten Hand in den Stein sichtbar: und daher heißt die Stelle "bei der Hand" oder "bei der Handlay" bis auf den heutigen Tag.
Die Entstehung von dieser merkwürdigen Handspur wird aber auch vom Volksmund in folgender abweichenden Weise erzählt:
Vor vielen Jahren lebte in der Kalkesbach ein Einsiedler, der wegen seines überaus frommen Wandels bei den Leuten der Umgegend das Ansehen eines Heiligen hatte. In Wirklichkeit aber war der Mann Gottes ein Raubmörder und die Klause sein Versteck. Er lauerte den Reisenden an den Wegen auf oder lockte dieselben zu sich in die Klause, um sie zu ermorden und auszuplündern. So trieb er es lange Zeit. Denn allen Verfolgungen wußte er listig dadurch zu entgehen, daß er immer bloß fremde Reisende überfiel, die nur vorübergehend das Gebirge durchwanderten, während er die Bewohner der Umgegend nicht nur verschonte, sondern auch durch das Trugbild einer übertriebenen Frömmigkeit erbaute.Doch endlich kam der Tag, wo die gerechte Strafe ihn ereilte.
Eines Tages hatte sich der Einsiedler in die Consdorfer Mühle begeben, um den Müller und dessen Frau zu einem Besuch einzuladen. Während er dort verweilte, traten zwei ganz vornehme Reisende ein, die noch am selben Tage nach Echternach gehen wollten, aber des Weges unkundig waren. Gleich bot sich ihnen der Einsiedler als Führer an und begleitete sie unter erbaulichen Gesprächen bis unten in die Kalkesbach. Als er nun mit ihnen bei der Handlay angekommen war, zog er plötzlich ein scharfes Schwert unter seinem Mönchsgewand hervor und fiel damit über dieselben her, um sie zu ermorden.Aber auch die beiden Reisenden hatten Schwerter bei sich, die sie unter den Mänteln verborgen hielten. Sie zogen dieselben schnell und stellten sich tapfer zur Gegenwehr. Ein Kampf auf Leben und Tod entspann sich und es gelang einem der Fremden, während der andere parierte, dem Mörder die rechte Hand abzuhauen. (siehe Bild) Nun bat dieser kniend um Frieden und Verzeihung. Beides wurde ihm auch großmütig gewährt; doch einer der Reisenden hob noch voll Entrüstung die abgehauene Hand auf und schleuderte sie heftig an den nahen Felsen.Und siehe! Gott wirkte ein Wunder: das Zeichen der Hand drückte sich dem Mörder zur Warnung in die Felswand ein. Derselbe ging nun auch in sich, bekehrte sich vollkommen und führte von nun an, als wirklicher Einsiedler, in der Kalkesbacher Klause, ein hartes und erbauliches Büßerleben, bis ihn endlich der Blitz auf dem Breitweiler Berg erschlug. Das weiße Kreuz auf der Leck soll die Stelle bezeichnen, wo der Tod ihn so plötzlich aus dem Leben riß.
Einsiedler von Kalkesbach

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