Die vielen römischen Substruktionen, Münzen, Urnen usw., die seit einer langen Reihe von Jahren auf den Höhenzügen rechts- und linksseits der "Schwarzen Ernz" gemacht wurden, sind beredete Zeugen von einer im 3. und 4. Jahrhundert ausgedehnten römischen Ansiedlung in dieser vom Marscherwald durchzogenen Gegend. Jedem Geschichtsfreund, der dieselbe einigermaßen durchforscht hat, sind nicht unbekannt :
a) die römischen Schanzen
Als vorigen Herbst ( 1899 ) in mehreren Zeitungen von einem jüngst bei Consdorf gemachten rätselhaften Funde Meldung geschah und ich mich eben geschäftshalber in Echternach befand, beschloß ich, mit den Hrn R. Brimmeyer und Dr. Graf, die kleine Reise nach der Fundstelle zusammen zu unternehmen.- dieselbe liegt etwa 2½ Kilometer von Consdorf, 3 Kilometer von Breitweiler und Chrisnach, und 4½ Kilometer von Alttrier, auf einem nach NordWest leicht geneigten Berghange, am Ort genannt " bei de Wichtelchesheiser".
Welches mag nun wohl, zur Römerzeit, die Bestimmung dieses, in Form und Technik so eigentümlichen Gebäudes gewesen sein ?
Von vornherein dürfte das kostbare Material der besagten Fundamente, auf denen sich zweifelsohne, nach den üblichen Gepflogenheiten, ein ebenfalls aus Haustein konstruierter Oberbau erhob, so wie auch der erlesene Ton der so edel modellierten Gefäßreste, jede Deutung auf ein zu wirtschaftlichen Zwecken dienendes Bauwerk ausschließen. Für eine eventuelle Töpferei fehlen überdies die Überreste von Ton, von Kohlen und von Aschen, die sich anderswo, z. Bsp. in den Substuktionen der in Barbeln bei Trier aufgefundenen Töpfereien haufenweise vorfanden.
Noch unwahrscheinlicher scheint die Mutmassung, es könnte hier ein mit den stundenweit entfernten Befestigungen Alttrier’s zusammenhängendes Vorwerk ( fort avancé ) gestanden haben ...
Aber welcher Art war denn schließlich das Gebäude ? Eine befriedigende Antwort dürfte sich sofort einstellen, wenn wir die Ähnlichkeit der Anlage mit den römischen Incerations-Stätten Italiens in Betracht ziehen. In der kleineren Rotunde erkennen wir sodann das Ustrinum , nämlich den Raum, in dem die Leichen zu Asche verbrannt wurden (hier scheinbar auf dem ausgehöhlten Zentralstein ), und in der größeren Rotunde das Columbarium, in dessen zahlreiche innere Wandnischen man die mit der gewonnenen Asche des Toten gefüllten Urnen beisetzte und mit einem Deckel abschloß. Eine in einem verschütteten Ustrinum Italiens aufgefundene, in eine unverbrennbare Leinwand ( Asbestos ) gehüllte, verkohlte Leiche, verrät das Mittel, dessen man sich bediente, um die Mischung der Menschenasche mit den Kohlen und Aschenresten der Feuerung zu verhindern. Die gestossenen Knochenreste füllte man gewöhnlich in Amphoren ( obendraria vasa ). Zweifellos endete die kleine Rotunde gewölbeartig in einen Rauchfang aus, welcher das Ziegeldach des umschließenden viereckigen Gebäudes überragte.
Was mag schließlich aus den Hausteinen des Oberbaus geschehen sein, nach erfolgter Zerstörung ( wohl durch die Franken Ende des 3. oder Anfang des 4. Jahrhunderts ) desselben ? Unwahrscheinlich wäre die Annahme nicht, daß man dieselben zu den Fundamenten der primitiven christlichen Kirche zu Consdorf verwertet hatte.
Indem, meines Wissens, hierlands noch kein derartiges Columbarium mit Ustrinum gefunden worden ist, so kann die kulturhistorische Bedeutung des vorgeschriebenen Consdorfer Fundes nicht wohl in Abrede gestellt werden.
Die hochintressanten Baureste auf Staatskosten ganz ausgraben zu lassen und weiter zu durchforschen, dürfte angezeigt sein. Hoffentlich wird der Vorstand der historischen Abteilung des großherzloglichen Instituts hierfür die nötigen Schritte tun.
( K. Arendt , Luxemburg, Mai 1900 )
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