Düstere Wolken

Consdorf während der Rundstedtoffensive ( E. Donkel )

Hatte Frau J. Reichling 1918 die Consdorfer und die Schwestern in ihren Briefen beneidet, weil sie sorglos ohne Bangen vor Fliegern und Bombenabwürfen lebten, so sollte 1944 die Ortschaft hart heimgesucht werden. Am 10. September 1944 besetzten amerikanische Panzereinheiten die Stadt Luxemburg. Unter endlosem Jubel begrüßten die Stadtbewohner die Befreier. Doch dem Kanton Echternach war die Befreiung noch verwehrt. Am 22. Oktober 1944 mußte Scheidgen auf Befehl der Amerikaner evakuiert werden. Die Consdorfer Bevölkerung durfte noch bleiben.
Am nebligen 16. Dezember setzten Volksgrenadiere bei Echternach über die Sauer um einen Angriff zu wagen. " Deux pelotons de la Compagnie D ", sagt William T, Gayle," se mirent en route sans tarder et se présenterent au poste de commandement à Consdorf dans les premieres heures de l'apres-midi. Ils étaient suivis de peu par un peloton de la Compagnie A. Les Compagnies A et B, du Ier bataillon du 12e régiment arrivèrent à Consdorf. Aussitôt deux expéditions furent mises sur pied de secours simultanées".
Vereinzelte Granaten schlugen ein, riefen eine große Panik hervor. Eilends packte man die Habseligkeiten, zog in die Keller. Ratlos stand man den Ereignissen gegenüber. Eine Doppelhochzeit wurde noch um 11 Uhr in der Pfarrkirche gefeiert. Ein Granateinschlag in allernächster Nähe ließ den Hochzeitsgästen die Scherben der Kirchenfenster auf den Kopf fallen. Aber niemand geschah ein Leid. In der folgenden Nacht wurde der Beschuß heftiger. Die Verwüstung größer. Am Sonntag. den 17. Dezember. "arriverent 8 chars de la Cie B sur les lieux et prirent position à environ 1,5 km à l'ouest de Colbette. Le 2e bataillon du 316 régiment suivit, tournant vers le sud, marcha sur Scheidgen qui fut perdu sur le coup. Tout ce que le Quartier géneral pouvait faire dans cette situation, c'etait de placer la compagnie antichars sur une ligne de défense protégeant Consdorf vers l'ouest. Le bataillon allemand s'en tenait à Scheidgen et entendait y passer la nuit, Le même 17. décembre le 150e bataillon du genie descendit de ses camions à Consdorf à une heure déja avancée.Il reçut l'ordre de se tenir prêt pour le combat dès 10 heures du matin"
In Folge dieser militärischen Operationen wurde der Beschuß heftiger. Granateinschläge zerstörten das Kirchendach. Eine Granate richtete die Sakristei übel zu. Es gab etliche Verletzte. Auch totes Vieh. Trotzdem verzagten die Einwohner nicht. Als aber die"T. F“ (task-force) am 18.12. um 8.30 Uhr Consdorf verließ, war auch für die Einwohner des Bleibens nicht mehr lange. Zumal die Deutschen die Straße Consdorf-Berdorf abgeschnitten hatten. Die Gruppe Davis mußte im Verlauf der Nacht des 19. Dezember sich auf Consdorf zurückziehen.
So erging denn an diesem Tage gegen 11.30 Uhr der Räumungsbefehl.
Evakuation Die Räumung sollte um 13.30 Uhr beginnen. Aus militärischen Sicherheitsgründen durfte die Einwohnerschaft nur die Straße Consdorf-Colbette benutzen.
Im Verlauf einer halben Stunde hatten sich Wagen und Wägelchen auf dem Platz neben dem Gotteshause versammelt .Ueberall schlugen die Granaten ein. Es war unheimlich !
Zuerst wurden die alten Leute und die Invaliden in Autocars nach Junglinster gebracht. Abends um 10 Uhr waren auch die übrigen Leute dort angekommen. Mutter Benedicta. Schwester Stanislas und Schwester Pia kamen mit dem ersten Transport im Junglinster Altersheim an, wo sie bei ihren Mitschwestern liebevolle Aufnahme fanden, Schwester Blandina, die heutige Hausoberin. Schwester Prudentia und Schwester Sixta zogen mit den übrigen Consdorfern in die Ferne.Auf einem Handwägelchen die notwendigsten Habseligkeiten und die Statue des hl. Joseph mit sich nehmend zogen sie unter einem Granatsplitterhagel über Breidweiler, Blumenthal den Betagten nach. Der Endkampf um Consdorf spielte sich in den Tagen vom 20. bis 22.12. ab.
Am 23. Dezember war Consdorf befreit. Aber um welchen Preis? Schon am ersten Weihnachtstage machten sich die ersten mutigen Männer auf den Heimweg. Einige wurden von den Amerikanern geduldet, um das streunende Vieh einzufangen und zu betreuen.
Am Neujahrsmorgen 1945 fuhren Schwester Blandina und Schwester Prudentia auf Fahrrädern über schneebedeckte Straßen heimwärts. Uber Altrier ging es. Ueber ihnen surrten die Flugmaschinen. Welch eine Verwüstung bot sich ihnen !
Furcht lähmte sie. Wie freuten sich aber die Consdorfer Männer beim Anblick der Schwestern. "Bleiwt bei ies!" baten sie. Und sie blieben, versuchten zum Kloster vorzustoßen, das von amerikanischen Soldaten besetzt war. Um Einlaß zu erhalten mußte alle Energie aufgeboten werden. Es gelang ihnen endlich nach langem Verhandeln einzutreten. Nach Kontrolle ihrer Ausweispapiere begleitete ein Soldat sie mit aufgepflanztem Gewehr durch das Haus. Zuerst betraten sie die Kapelle, in der Altpfarrer J P, Neyens noch am 18. 12. das hl. Opfer gefeiert hatte. Nun war sie zum Aufenthaltsraum amerikanischer Soldaten geworden ! In der Sakristei lagen alle Gewänder und Paramente kunterbunt durcheinander. Sie machten sich gleich an die Arbeit. verpackten, was nicht beschädigt war. So retteten sie, was noch zu retten war.
Acht Tage später wurde ihnen die Erlaubnis gegeben, die Sachen nach Junglinster zu fahren. Wie freute man sich in Junglinster, als man die Schwestern, die auf einem Lastwagen ankamen, wiedersah. Hier warteten sie die Evakuationszeit ab. Mutter Clementia sorgte in selbstloser Weise für diese nach Consdorf zurückkehrenden Mitschwestern. Mitte Februar 1945 kehrten dann auch Schwester Stanislas, Schwester Blandina und Schwester Prudentia zurück, nachdem erst am 1. März Consdorf freigegeben wurde, und zwar auf Grund einer Lizenz in einem Camion.
Im Vertrauen auf St. Joseph, der das Haus wunderbar geschützt hatte, begannen sie am Ort der Verwüstung ihre Arbeit wieder aufzunehmen. Armut und Mangel an allem Notwendigen ! Trotzdem fanden sie noch den Mut, den trostbedürftigen Mitbürgern Trost und Lebensmut zuzusprechen. Mangel an Wasser. Mangel an Lebensmitteln, Mangel an trinkbarem Wasser! Primitiv der Lebensstandard! Nur das schöne, gegenseitige Zusammenstehen in schwesterlicher Liebe und ein gesunder Humor half über die schwersten Stunden hinweg.Unter diesen Beschwernissen war der Monat April ins Land gezogen, Es kam zur Erholung Schwester Victoria, die sich um die Küche und den Tisch sorgte. Dank ihrer Kunstfertigkeit wartete sie manchmal mit Uberraschungen auf. Da sie nun wieder zu vier waren, nahmen sie das Gemeinschaftsleben wieder auf ,was ihnen große Erleichterung und reichen Segen brachte.
Aber die Entbehrungen und der Mangel an einwandfreiem Trinkwasser machten sich langsam bei der Bevölkerung bemerkbar. Anfangs hielt man die Erkrankung für eine russische Grippe. Leider stellte sich nur zu bald heraus, daß es der Typhus war.

Eine genaue Schilderung der Kämpfe um Scheidgen und Umgebung
finden sie in Englisch unter Ardennes: Battle of the bulge

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